2022 das heißt: 122 Jahre kaiser Friedrich Turm (Aussichtsturm)

Ein besonderes Einbecker Bauwerk kann auf über 100 Jahre zurückblicken: Die Rede ist vom Kaiser-Friedrich-Turm, heute nur noch als Aussichtsturm bekannt. Unweit von den „Teichen“ am Altendorfer Berg gelegen, hat man es heutzutage schwer, ihn über die ihn umgebenden Bäume schon aus der Ferne zu erkennen. Sein offizieller Geburtstag ist der 18. Oktober 1900.

Dieser Tag und Monat waren für die Einweihung gewählt worden, weil es auch der Geburtstag des nur wenige Monate im Drei-Kaiser-Jahr 1888 regierenden Kaisers Friedrich war und zugleich das Nationalgefühl stärkende Datum des Sieges über Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig (1813).
Ein früher Verfechter für den Bau war der damalige Bürgermeister Grimsehl, der den Mitgliedern des Verschönerungsvereins „die Erbauung in zündender Rede ans Herz gelegt hatte.“ Da Franz Grimsehl 1893 schon recht früh im Alter von 45 Jahren verstarb, erlebte er die Grundsteinlegung nicht mehr.
Der 1877 gegründete Verein, dem die Allgemeinheit unter anderem die Anlage begehbarer Wege in den Wäldern um Einbeck verdankt, nahm sich des Projektes Aussichts-
turm an. Bernhard Meyersfeld, Braunschweig, zuvor Einbeck, Bankier und Mäzen in beiden Städten, spendete 500 Mark. Damit war eine erste ermutigende finanzielle Grundlage gegeben, und in der Generalversammlung des Verschönerungsvereins im April 1895 wurde das Thema Turmbau ausführlich beraten. Es wurden mehrere mögliche Orte für dessen Errichtung überlegt. Heutzutage lässt sich kaum noch nachvollziehen, an welche Stellen zunächst gedacht wurde: Hohe Batterie, Morgenholz, Burgberg. Dann wurde sehr praktisch denkend vorgegangen: Man kam überein, probeweise Gerüste zu errichten, die von Turnern erklommen werden sollten, um den Platz mit der besten Rundsicht auszumachen. Sodann wurde eine elfköpfige Turmbau-Kommission ins Leben gerufen, die für die Organisation zuständig wurde. An deren Spitze stand der Senator Hermann Domeier, an den noch heute ein Gedenkstein und „Domeiers Ruh“ erinnern.
1898 begannen die Bauarbeiten, obwohl ein Geldbetrag erst etwa in Höhe der Hälfte der erwarteten Baukosten vorhanden war. Die Frage der Geldbeschaffung erwies sich in den zwei Baujahren als ausgesprochen schwierig, und zwischendurch drohte das Vorhaben zu scheitern. Man ging auch auf die Bürger zu, um sie zu Spenden anzuregen, die der Apotheker Schlichteweg verwaltete. Es kamen weitere Gelder zusammen und die Bereitschaft Opfer zu bringen ging soweit, dass Handwerksmeister und Fuhrunternehmer kostenlos Arbeiten und Fuhren „lieferten“. Letztlich sorgte dann der aus Einbeck stammende Konsul Berkenbusch mit einer Spende von 3.000 Mark dafür, dass die Arbeiten zu Ende geführt werden konnten.
Am 17. Oktober 1900 erschien ein schwärmerischer Artikel in der Einbecker Zeitung, der das große Ereignis der Einweihung für den nächsten Tag ankündigte. Zu dem Bau hieß es: „Durch seine schöne Form und durch seine harmonischen Größenverhältnisse, die Dauerhaftigkeit seines Baues lobt das Werk sowohl Baumeister (Kreis-Bauinspektor Friede) als Bauleiter (Maurermeister Ohagen); dreist darf sich der Turm anderen seiner Art anreihen, den Beifall der Fachleute hat er bereits gefunden.“ Und: „Als höhere Warte steht der Turm auf Bergeshöhe. Das Rauschen des Buchenwaldes umgibt ihn, Teichenquelle, Ilme- und Leinewellen grüßen blitzenden Auges herauf, und Altvater Brocken winkt ihm aus weiter Ferne zu trauter Zwiesprache in lauer, mondheller Maiennacht zu.“
Aber auch damals pflegte das Wetter oft anders zu sein als gewünscht. Es wurde jedenfalls nichts mit einem goldenen Oktobertag: es muss äußerst garstig geregnet haben. Die Baukommission sah sich genötigt, der Bevölkerung am Mittag des 18. Oktober 1900 – durch Ausruf ! – bekanntzugeben, dass die Einweihungsfeier nicht am Turm selbst stattfinden, sondern durch eine „einfache aber würdige“ Feier abends im Saal des Hotels zum Kronprinz ersetzt werde. Natürlich gab es Ehrengäste und eine Reihe von Ansprachen, die mit Hochrufen auf Kaiser Wilhelm II., auf die Stadt usw. beendet zu werden pflegten. Der symbolische Schlüssel wurde dem Bürgermeister Troje und damit der Aussichtsturm in die Obhut der Stadt übergeben.
Dabei wurde die Erwartung geäußert, dass der Turm seitens der Verwaltung zu allen Zeiten beschirmt und geschützt werde. Damals sah man nur die Gefahr, dass Wind und Wetter an dem fest gefügten Mauerwerk nagen könnten und hoffte auf die Einsicht späterer Generationen, daran zu arbeiten, das Bauwerk zu erhalten.
Nicht nur die Naturgewalten sind eine Gefahr für den Turm. In den letzten Jahrzehnten sind schwere Zerstörungen durch Vandalismus festzustellen.
So mussten der Turm an sich und die zum Erhalt durchgeführten Reparaturen und Baumaßnahmen, zu denen auch das Dach über der Treppe an der Aussichtsplattform gehört, dadurch gesichert werden, dass die Tür zum Turm abgeschlossen und die Schlüssel bei zwei naheliegenden Gaststätten zur Abholung hinterlegt wurden. Inzwischen musste aus Sicherheitsgründen der Zutritt zum Turm gänzlich versagt werden.
Im Frühjahr 2014 gründeten traditionsbewusste Einbecker Bürger den Förderverein Kaiser-Friedrich-Turm Einbeck e. V., der sich im Wesentlichen den Erhalt des Turmes auf die Fahnen geschrieben hat.
Der vorstehende Aufsatz (verkürzt) wurde im Jahr 2000 von Hellmut Hainski für eine Veröffentlichung in der Einbecker Morgenpost verfasst und jetzt von Walter-W. Funcke aktuell ergänzt und mit Bildern versehen. Beide Herren sind Mitglied im Einbecker Geschichtsverein e. V.
Wenn Sie helfen wollen, diesen Turm für uns und folgende Generationen zu erhalten, so bitten wir Sie um Unterstützung, um Spenden und/oder Mitgliedschaft in unserem Verein.

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